Paavo Nurmi – der „Fliegende Finne“

Paavo Nurmi

Die NURMI-Study widmet Paavo Nurmi zu Ehren, dem wohl erfolgreichsten und bedeutendsten Läufer sowie wohl größten Athleten aller Zeiten, ihren Titel: The NURMI-Study – Nutrition and Running high Mileage.

Vegetarier und Legende zu Lebzeiten

Der wortkarge Langstreckenläufer gilt als einer der bedeutendsten Athleten überhaupt. Der Name Paavo Nurmi steht in der Liste der besten Langstreckenläufer aller Zeiten ganz vorne. Er wird oft gemeinsam mit dem Tschechen Emil Zatopek und dem Äthiopier Haile Gebrselassie genannt. Für manche ist der Finne jedoch die alleinige Nummer 1. Keiner sammelte mehr Weltrekorde wie er, keiner so viele Olympiasiege.

Paavo Nurmi dominierte über ein Jahrzehnt die Langstrecken mit einer unglaublichen Bandbreite von 1.500 m bis 20.000 m. Den größten Coup landete er mit seinem Doppelsieg über 1.500 m und 5.000 m bei den Olympischen Spielen in Paris 1924: Nurmi gewann beide Rennen innerhalb von nur 50 min. Leichtathletik-Experten bezeichnen Nurmi nicht zuletzt deshalb als den größten Läufer aller Zeiten.
Paavo Nurmi führte die finnische Dominanz auf den Langstrecken zur Blüte und drückte dem Sport der 1920er Jahre wie kein zweiter seinen Stempel auf. Paavo Nurmi und mit ihm zahlreiche finnische Spitzenathleten galten als die Phalanx im Langstreckenlauf der 1920er-Jahre und erschufen so den Mythos der „fliegenden Finnen“. Seine Leistungen machen ihn zur nationalen Symbolfigur – der Finne gilt nicht umsonst als die Lauflegende des 20. Jahrhunderts.

In den Jahren vor dem 2. Weltkrieg wurde der Ausspruch „Der läuft wie Nurmi!“ zu einem geflügelten Wort, das die Ausnahmestellung der finnischen Lauflegende unterstreicht, obwohl Paavo Nurmi als Maßstab für andere vollkommen ungeeignet war.
Wer Nurmis Leistungen und Verdienste beschreiben will, muss zu Superlativen greifen:

24 Weltrekorde (1.500 m bis zum Stundenlauf: 19.210 m)
4 Jahre ohne Niederlage
9 Goldmedaillen und 3 Silbermedaillen bei Olympischen Spielen

Antwerpen 1920: 3mal Gold (10.000 m; Querfeldein, Einzel & Team) & 1mal Silber (5.000 m)
Paris 1924: 5mal Gold (1.500 m; 5.000 m; Querfeldein, Einzel & Team; 3.000 m, Team)
Amsterdam 1928: 1mal Gold (10.000 m) & 2mal Silber (5.000 m; 3.000 m Hindernis)

Der finnische Mittel- und Langstreckenläufer Paavo Nurmi (*13. Juni 1897 – †2. Oktober 1973) stammte aus einfachen Verhältnissen und musste schon als Kind mithelfen, die arme Familie durchzubringen. So verdient er das erste Geld mit seinem außergewöhnlichen Talent als Laufbursche einer Bäckerei.
Als er mit gerade 11 Jahren die 1.500 m in 5:02 min lief, erkannte man sein Talent. Dem 12-Jährigen blieb neben der schweren Arbeit nur wenig Zeit fürs Laufen. Er soll sich dennoch in den finnischen Wäldern Ausdauer und Tempohärte geholt haben.
Paavo Nurmi beschloss im Alter von 15 Jahren aufgrund der Siegesserie von Hannes Kolehmainen bei den Olympischen Spielen in Stockholm 1912 (3 Goldmedaillen) es seinem Vorbild nachzumachen. Bald darauf bekam Paavo Nurmi seine ersten Laufschuhe.
Mit seiner Einberufung zum Wehrdienst 1919 begann er als einer der ersten Langstreckenläufer systematisch und hart zu trainieren und gilt als Mitbegründer des Intervalltrainings.
Nurmis Training ist durch seinen Stillauf mit der Stoppuhr in der Hand geprägt. Er legte großen Wert auf einen eleganten Laufstil und achtete auf Laufökonomie in Renngeschwindigkeit. Nurmi trainierte 3mal pro Tag und lief dabei stets mit der Stoppuhr seine Runden, um sein Tempo – auch im Wettkampf – optimal zu kontrollieren.

Der Ausnahme-Athlet

Antwerpen 1920: Erstes Olympia-Gold
Im Sommer 1920 lief Paavo Nurmi seinen ersten finnischen Rekord (8:36,2 min über 3.000 m) und wurde gleich 3facher finnischer Meister (1.500 m, 5.000 m, Waldlauf).
Bei den Olympischen Spielen in Antwerpen 1920 gelang Nurmi mit 23 Jahren der große Durchbruch (3mal Gold, 1mal Silber). Damit begann sein Aufstieg zum besten Läufer, den die Welt bis dahin gesehen hatte. Paavo Nurmi wird zum Idol der damals noch jungen Nation Finnland.

Erster Weltrekord 1921
Am 22. Juni 1921 stellte Paavo Nurmi in Stockholm den 1. Weltrekord in seiner einzigartigen Serie von Weltrekorden auf. Nurmi lief die 10.000 m in 30:40,2 min – auf dem Weg brach er auch die inoffizielle 6-Meilen-Marke mit 29:41,2 min.
Paavo Nurmi war Ende 1923 – und ist bis heute – der einzige Läufer, der parallel die globalen Bestmarken über die Meile, 5.000 m und 10.000 m hielt.

Paris 1924: 5mal Gold in 4 Tagen
1924 war das große Jahr von Paavo Nurmi. Er lief seine Rennen nicht mehr gegen Konkurrenten, er kämpfte in erster Linie gegen die Zeit. „Wenn du gegen die Zeit läufst, brauchst du nicht zu sprinten. Die anderen können nicht mithalten, wenn das Tempo konstant schnell bis ins Ziel ist“, hatte er einst erklärt.
Am 19. Juni übte Nurmi in Helsinki für die Olympischen Spiele und lief innerhalb von nur 1 Stunde 2 Weltrekorde (1.500 m in 3:52,6 min; 5.000 m in 14:28,2 min). Auf beiden Distanzen wurde er wenig später am 10. Juli in Paris Olympiasieger.
Das außerordentliche Talent von Paavo Nurmi wurde in Paris ein weiteres Mal deutlich. Er gewann mit 1 ½ min Vorsprung die Goldmedaille über 10,65 km Querfeldein (nur 15 der 38 Starter erreichten bei 45 ° C in der Sonne das Ziel).

USA, Winter-Saison 1924/25
Die unglaublichen Leistungen des 26-Jährigen Finnen verschafften ihm eine Einladung in die USA, die zum Triumphzug wurde. Auf der Holzbahn lief Nurmi direkt einen neuen Meilen-Weltrekord. Innerhalb von 5 Monaten gewann Nurmi in einer Siegesserie 53 von 55 Rennen über Mittel- und Langstrecke sowie Show-Läufe.
„Jede Woche ein Weltrekord …“, schrieb der frühere Chefredakteur der Zeitschrift Leichtathletik, Heinz Vogel 1972 über Paavo Nurmi.

Amsterdam 1928
Bei den Olympischen Spielen in Amsterdam 1928 präsentierte sich Finnlands größter Sportler mit inzwischen 31 Jahren mit dem Olympiasieg über 10.000 m und 2mal Silber erneut stark.
Darüber hinaus fixierte Paavo Nurmi am 7. Oktober 1928 einen Weltrekord im Stunden-Lauf (19.210 m), der 17 Jahre halten sollte, ehe sein Landsmann Viljo Heino die Stunden-Marke auf 19.338 m verbessern konnte.

Olympia-Sperre 1932 – Der Traum vom Marathon-Gold zerplatzt
1932 will Paavo Nurmi bei den Olympischen Spielen in Los Angeles die Goldmedaille im Marathonlauf holen. Doch er darf wegen der angeblichen Verletzung des Amateurstatus nicht mehr antreten. Noch vor den Olympischen Spielen wurde er vom Welt-Leichtathletik-Verband IAAF gesperrt, ebenso verhängte das Internationale Olympische Komitee (IOC) eine Sperre auf Lebenszeit. So zerplatzte Nurmis letzter Traum vom olympischen Marathon-Gold, das er seiner Einschätzung nach mit 5 min Vorsprung gewonnen hätte.
Nurmi war längst zum Idol einer ganzen Generation geworden – nicht nur in seinem Heimatland. In Finnland ignorierte man seine Sperre und so lief Paavo Nurmi am 16. September 1934 sein letztes Rennen und gewann.

Fackelträger 1952
Nach dem Startverbot durch das IOC zog sich der öffentlichkeitsscheue Finne ins Privatleben zurück und beginnt eine zweite Karriere als erfolgreicher Bauunternehmer und Geschäftsmann.
Nur einmal kehrt Paavo Nurmi ins Rampenlicht zurück. Als er das Olympische Feuer 1952 ins Stadion von Helsinki trug und es entzündete, wurde Paavo Nurmi mit Jubelstürmen empfangen – eine besondere Ehre und Genugtuung für den 54-Jährigen, die man als späte Rehabilitierung werten konnte.

Paavo Nurmi starb im Alter von 76 Jahren und erhielt der Volksheld ein Staatsbegräbnis.
Sein Ruhm aber bleibt unsterblich – 2012 wurde Nurmi in die IAAF Hall of Fame aufgenommen.

Quellen (14. September 2014):

  1. The Official Site of the Flying Finn. Biografie: http://paavonurmi.fi/de/biografie
  2. Winner of 12 Olympic Medals – Paavo Nurmi: http://www.davidstuff.com/general/paavo.htm
  3. Die finnische Lauflegende – Paavo Nurmi: http://www.runnersworld.de/training/paavo-nurmi.62172.htm
  4. Paavo Nurmi – Ein Denkmal zu Lebzeiten: http://www.laufen-in-koeln.de/lik4.php?aid=A-2815
  5. Lauflegenden: Paavo Nurmi – Keiner sammelte mehr Weltrekorde als der Fine: http://www.laufen.de/articles/11263
  6. 13. Juni 1897 – Paavo Nurmi wird geboren: Magier der Aschenbahn: http://www1.wdr.de/themen/archiv/stichtag/stichtag6694.html
  7. Website zu Ehren des 100. Geburtstages von Paavo Nurmi 1997: http://www.urheilumuseo.fi/Paavonurmi bzw. http://www.urheilumuseo.fi/Default.aspx?tabid=2968
  8. Bartens Werner (2010). Medikamente für die Leistungsgesellschaft: Jeder wie er’s braucht. Online-Artikel Süddetusche.de (19. Mai 2010): http://www.sueddeutsche.de/kultur/medikamente-fuer-die-leistungsgesellschaft-jeder-wie-ers-braucht-1.894904
  9. Krämer Harald, Zobel Klaus & Irro Werner (Hrsg.) (2004). Marathon – Ein Laufbuch in 42,195 Kapiteln. Die Werkstatt. ISBN: 3-89533-464-2.
  10. Krüger Arnd (1998). Viele Wege führen nach Olympia. Die Veränderungen in den Trainingssystemen für Mittel- und Langstreckenläufer (1850–1997). In: Gissel Norbert (Hrsg.) (1998): Sportliche Leistung im Wandel. Czwalina: Hamburg.
  11.  Lucas John A. (1992). In the Eye of the Storm: Paavo Nurmi and the American Athletic Amateur-Professional Struggle (1925 and 1929). In: Stadion 18(1992)2, Seite 225-246.
  12. Vogel Heinz (1972). Bahnbrecher der Leichtathletik. Bartels und Wernitz: Berlin, München, Frankfurt. ISBN: 9783870399047